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Buch zu Jugendpartizipation erschienen

Was haben Rumhängen, Schuleschwänzen und Graffitisprühen mit Partizipation zu tun? Der 2019 erschienene Band untersucht verschiedene Praktiken junger Menschen im öffentlichen Raum auf die darin aufscheinenden Teilhabeansprüche.

Buchcover "Praktiken Jugendlicher…"Wie gelingt es einer Gesellschaft, die nachkommende Generation zu überzeugen, bestehende Strukturen und Prozesse zu akzeptieren, diese selbst mitzutragen und sich darüber an der zukünftigen Gestaltung von Gesellschaft zu beteiligen? Das waren zentrale Fragestellungen des europäischen Forschungsprojekts PARTISPACE, das ich im Mai 2018 abgeschlossen habe. In dem deutschsprachigen Sammelband wird der aktuelle Partizipationsdiskurs kritisch beleuchtet und eine erste Heuristik entwickelt, wie Potenziale für Partizipation in unterschiedlichsten Praktiken Jugendlicher entgedeckt werden können. Auf dieser Basis werden verschiedene Praktiken junger Menschen im öffentlichen Raum auf ihre Potenziale für Teilhabe hin untersucht. Die Beiträge setzen sich schließlich mit biographischen wie gesellschaftlichen Realisierungsbedingungen dieser Teilhabeansprüche auseinander.

Neben einem einführenden Text der Herausgeber:innen, der den theoretischen Rahmen für die Untersuchung aufspannt sowie das Forschungsdesign des Projekts erläutert, sind Kolleg:innen der beteiligten Hochschulen in Frankfurt/Main und St.Gallen mit Beiträgen zu unterschiedlichen Teilaspekten vertreten.

Yağmur Mengilli, Christian Reutlinger und Dominic Zimmermann gehen in ihrem Beitrag Spuren junger Menschen im städtisch-geprägten Kontext nach. Über Gruppen Jugendlicher, die im öffentlichen Raum gezielt Spuren hinterlassen, und solchen, die möglichst keine Spuren hinterlassen, werden Formen der Herstellung eigener Räume junger Menschen rekonstruiert.

Der Beitrag von Dominic Zimmermann und Gianluca Cavelti nimmt sich partizipatorischer Aspekte zweier bewegungs- und körperbezogener Praktiken an, die sich an der Schnittstelle zwischen Sport und Bewegungskunst verorten lassen: Parkour und Boogie-Woogie.

Patricia Roth und Dominic Zimmermann rücken Praktiken, Situationen und Diskurse über Essen und Trinken in den Fokus. Bei Essen und Trinken handelt es sich nicht nur um basal-existentielle Bedürfnisbefriedigung und deren Vorbereitung, sondern auch um sinnliche, materielle Praxen, denen ein großes Vergemeinschaftungspotenzial zugeschrieben wird.

Der Beitrag von Larissa von Schwanenflügel und Andreas Walther fragt, in welcher Weise institutionalisierte Formate von Partizipation als ‚Beteiligung an …‘ herrschende gesellschaftliche Konfliktlinien missachten und ungleiche Machtverhältnisse verdecken.

Jessica Lütgens und Yaǧmur Mengilli betrachten in ihrem Beitrag Dilemmata in Praktiken der Repräsentation. Dabei werden zwei kontrastive Fälle aus dem PARTISPACE-Sample herangezogen: eine Jugendvertretung mit einem Mandat, Schüler_innen zu vertreten und eine Sprayergruppe und ihre Idee davon, ihre Crew in der Stadt zu repräsentieren.

Dilemmata zwischen Anpassung an Strukturen und Identifikation zeigen sich nicht nur kollektiv, sondern auch individuell in den Biografien der an Praktiken im öffentlichen Raum beteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Der Beitrag von Julia Reiner und Patricia Roth nähert sich dieser Themenstellung über die Engagementbiografien junger Erwachsener.

Der Beitrag von Jessica Lütgens und Larissa von Schwanenflügel befasst sich mit der Frage, in welcher Weise biografische Erfahrungen, die junge Menschen in den öffentlich-institutionellen Kontexten der Schule und Kinder- und Jugendhilfe machen, ihre Zugänge zu Partizipation und ihr Partizipationshandeln prägen.

Der Beitrag von Andreas Walther fragt danach, ob sich in den zwei an der Untersuchung beteiligten Städten Zürich und Frankfurt am Main typische Muster von Jugendpartizipation herausarbeiten lassen und welche Faktoren eine zentrale Rolle spielen, wie diese ausgestaltet sind.

Den Abschluss bildet der Versuch von Andreas Walther, Axel Pohl, Christian Reutlinger und Annegret Wigger, die Erkenntnisse aus den anderen Beiträgen zusammenzufassen und auf ihr Potenzial für die Weiterentwicklung des Partizipationsdiskurses zu überprüfen.

Die vollständige bibliographische Angabe lautet:
Axel Pohl, Christian Reutlinger, Andreas Walther und Annegret Wigger (Hrsg.) (2019): Praktiken Jugendlicher im öffentlichen Raum — Zwischen Selbstdarstellung und Teilhabeansprüchen: Ein Beitrag zur Partizipationsdebatte. Springer VS: Wiesbaden.
Mehr Infos zu Downloadmöglichkeiten und weiteren Bezugsmöglichkeiten etc. beim Springer-Verlag.